Erasmus besucht Thomas More, März 1515
Thomas Mores Gattin, Alice, raffte ihre Röcke und stieg die Treppe zu seinem Studierzimmer hinauf. Ein Bote hatte soeben ein Schreiben abgegeben. Das flackernde Kerzenlicht tauchte den Raum in einen rötlichen Schein, der sich an den Butzenscheiben der Fenster spiegelte. „Thomas, ich glaube, das ist eine Nachricht deines Freundes Erasmus!“ More stand auf und öffnete das Schreiben. Ein Strahlen huschte über sein Gesicht.
„Na endlich! Erasmus wird heute noch bei uns eintreffen! Diesmal wird er nur kurz bleiben können. Schade!“
Dann müsst ihr eben Tag und Nacht diskutieren! Ich und die Kinder werden euch nicht daran hindern.“ Alice strich Thomas über den Arm. „Ich habe gestern das ganze Haus schrubben und reinigen lassen, obwohl ich denke, dass Erasmus keine Notiz davon nehmen wird.“ Sie hielt einen Moment inne. „Du weiβt ja, das letzte Mal ist er durchnässt bis auf die Haut und schlotternd vor Kälte bei uns angekommen, abgesehen von dem Ungeziefer das er mitgebracht hat. Ich werde den Kamin heizen und ein Bad vorbereiten lassen. Da ich kein Latein spreche und er kein Englisch, könntest du ihn zu einem Bad überreden?“
„Gewiss! Und lass ein Glas Rotwein neben die Holzwanne stellen! Das wird ihn fröhlich stimmen.“ Er wandte sich Alice zu, während ein verschmitztes Lächeln über seine Lippen fegte.“Fürchtest du dich etwa noch immer vor ihm ?“
Alice errötete und stammelte: „Du bist zwar auch ein groβer Gelehrter, aber du lachst und sprichst mit uns wie ein normaler Familienvater. Erasmus, dieses bleiche Vogelgesicht, schweigt hingegen und verzieht manchmal so spöttisch seine Lippen, sodass ich nicht weiβ, was ich davon halten soll.“
Thomas täschelte Alice die Hand. „Was wäre, wenn du Margaret als Dolmetscherin hinzuziehen würdest. Sie spricht bereits flieβend Latein!“
„Ja das ist eine gute Idee, vielleicht verstehen wir uns dann besser.“
Dann müsst ihr eben Tag und Nacht diskutieren! Ich und die Kinder werden euch nicht daran hindern.“ Alice strich Thomas über den Arm. „Ich habe gestern das ganze Haus schrubben und reinigen lassen, obwohl ich denke, dass Erasmus keine Notiz davon nehmen wird.“ Sie hielt einen Moment inne. „Du weiβt ja, das letzte Mal ist er durchnässt bis auf die Haut und schlotternd vor Kälte bei uns angekommen, abgesehen von dem Ungeziefer das er mitgebracht hat. Ich werde den Kamin heizen und ein Bad vorbereiten lassen. Da ich kein Latein spreche und er kein Englisch, könntest du ihn zu einem Bad überreden?“
„Gewiss! Und lass ein Glas Rotwein neben die Holzwanne stellen! Das wird ihn fröhlich stimmen.“ Er wandte sich Alice zu, während ein verschmitztes Lächeln über seine Lippen fegte.“Fürchtest du dich etwa noch immer vor ihm ?“
Alice errötete und stammelte: „Du bist zwar auch ein groβer Gelehrter, aber du lachst und sprichst mit uns wie ein normaler Familienvater. Erasmus, dieses bleiche Vogelgesicht, schweigt hingegen und verzieht manchmal so spöttisch seine Lippen, sodass ich nicht weiβ, was ich davon halten soll.“
Thomas täschelte Alice die Hand. „Was wäre, wenn du Margaret als Dolmetscherin hinzuziehen würdest. Sie spricht bereits flieβend Latein!“
„Ja das ist eine gute Idee, vielleicht verstehen wir uns dann besser.“
Als das Ochsengespann, in dem Erasmus reiste, vor Mores Londoner Wohnsitz anhielt, durchströmte ihn eine leise Freude. Er griff nach seiner Tasche und kletterte mit steifen Gliedern aus dem überdachten Wagen. Er hämmerte an die Pforte. Nach einer Weile hörte er Schritte. Das Tor ging auf und vor ihm stand Thomas More. Sie fielen einander in die Arme.
„Wie schön dich wiederzusehen!“
„Ja, auch ich freue mich auf unsere Gespräche!“
Sie strebten auf das zweistöckige Gebäude zu, aus dessen Fenster heller Kerzenschein drang, als würde drinnen ein Fest gefeiert.
„Wie schön dich wiederzusehen!“
„Ja, auch ich freue mich auf unsere Gespräche!“
Sie strebten auf das zweistöckige Gebäude zu, aus dessen Fenster heller Kerzenschein drang, als würde drinnen ein Fest gefeiert.
In der Halle warteten Alice und die Kinder. Alices rundliches Gesicht war umrahmt von einer weissen Haube. Mit einem Lächeln hieβ sie den Gast auf Englisch willkommen, was die zehnjährige Margaret auf Latein übersetzte. Erasmus verneigte sich vor Alice und schüttelte ihr die Hand. Margaret knickste und begrüβte ihn auf Latein. Erasmus blickte Margaret mit glänzenden Augen an.
„Ja, mein Freund, Margaret bevorzugt statt des Garns die Bücher und statt der Nadel die Feder!“
Erasmus sah Margaret anerkennend an. „Studiere nur weiter, mein Kind! Bildung schärft nicht nur unseren Verstand, sie macht uns auch zu besseren Menschen!“
„Ja, mein Freund, Margaret bevorzugt statt des Garns die Bücher und statt der Nadel die Feder!“
Erasmus sah Margaret anerkennend an. „Studiere nur weiter, mein Kind! Bildung schärft nicht nur unseren Verstand, sie macht uns auch zu besseren Menschen!“
Du wirst wohl müde sein von der langen Reise! Wie wäre es mit einem Bad, bevor wir das Abendessen einnehmen?“ sagte Thomas. „Das wird mir sicher wohltun!“
Während sie die Badestube betraten, bemerkte Erasmus: „Ich habe deine Posse vom Inselreich der irdischen Seeligkeit mit viel Vergnügen gelesen!“
Ein erfrischender Duft aus Wasser und Kräutern hüllte sie ein. Erasmus schälte sich aus seinen Kleidern.
„Diese Erzählung habe ich geschrieben, weil ich tief enttäuscht bin von unserem König. Heinrich VIII. hat uns goldene Berge versprochen: er würde die Kluft zwischen Arm und Reich verringern und den gemeinen Mann vor Willkür schützen. Aber nichts davon ist geschehen. Im Gegenteil, Wolsey, sein Kanzler, zieht dem Volk den letzten Schilling aus der Tasche und Heinrich baut sich damit Paläste.“
More half seinem Freund in die Badewanne und reichte ihm die Seife. Während Erasmus sich einseifte, blitzten seine Augen vor Spottlust.“Du nimmst in deiner Erzählung die Politk des Goldbarts ganz schön aufs Korn! Inselbewohner die alle arbeiten, Geld und Gold verachten und dem Fürsten durch Volksabstimmungen ihren Willen auferlegen!“
„Und so etwas wirft mir der Autor des Lobes der Torheit vor, der selbst mit allen Ständen des Abendlandes seinen Spott getrieben hat?“ More lachte und in seinen Augenwinkeln bildeten sich kleine Fältchen.
Während das Feuer im Kamin knisterte und für wohltuende Wärme sorgte, wälzte sich Erasmus behaglich im Badewasser. More reichte ihm den Becher Wein.
Erasmus nahm einen Schluck und machte eine beschwichtigende Geste. „Nein, deine Erzählung ist brillant und jeder weiβ, dass es eine Utopie ist. Was hältst du davon, wenn wir sie in Antwerpen drucken lassen?“
Thomas wurde es ganz heiβ vor Freude und Erleichterung. „Das würdest du für mich in die Wege leiten? In England wird es niemand wagen, diese Schrift zu drucken!“
Eine leise Freude durchströmte Erasmus. „Endlich kann ich auch einmal etwas für dich tun, mein Freund!“
More half Erasmus aus der Wanne und reichte ihm Handtücher.
„Das Bad war wie ein Ablass!“, zwinkerte Erasmus Thomas zu. „Es hat mich vom Wust des Schmutzes gereinigt!“
„Alice hat dir frische Kleidungsstücke von ihrem seligen Mann bereitgelegt. Deine Bekleidung will sie mit Thymianwasser reinigen, wenn es dir recht ist?“
Erasmus nickte zustimmend. „Deine Alice ist eine tüchtige Hausfrau. Sie denkt an alles!“
„Ja ohne sie wäre ich ganz verloren. Vielleicht verstehst du es jetzt besser, dass ich lieber ein gottesfürchtiger Ehemann bin, als ein unkeuscher Priester! Du, mein Freund brauchst eine Mauer, um die Welt fernzuhalten. Denn du lebst von der Zwiesprache mit Platon, Christus und den Kirchenvätern! Aber ich brauche Familienbande.“
Es duftete nach Hammelbraten, als sie das Speisezimmer betraten und Erasmus grummelte der Magen. Der Tisch war festlich gedeckt und Alice wartete zusammen mit den Kindern auf ihren Gatten und seinen Gast. Nachdem sie Platz genommen und das Tischgebet gesprochen hatten, erhob Erasmus sein Glas. Ein warmes Lächeln spielte um seine Lippen.
„Auf sie, Madame Alice! Sie sind nicht nur eine tüchtige Hausfrau sondern auch ein sehr mitfühlender Mensch!“
Margaret übersetzte Erasmus´ Worte, worauf ein Ausdruck geschmeichelter Eitelkeit Alices Miene aufhellte. Es war als wäre das Eis zwischen ihr und Erasmus gebrochen.
Thomas wurde es ganz heiβ vor Freude und Erleichterung. „Das würdest du für mich in die Wege leiten? In England wird es niemand wagen, diese Schrift zu drucken!“
Eine leise Freude durchströmte Erasmus. „Endlich kann ich auch einmal etwas für dich tun, mein Freund!“
More half Erasmus aus der Wanne und reichte ihm Handtücher.
„Das Bad war wie ein Ablass!“, zwinkerte Erasmus Thomas zu. „Es hat mich vom Wust des Schmutzes gereinigt!“
„Alice hat dir frische Kleidungsstücke von ihrem seligen Mann bereitgelegt. Deine Bekleidung will sie mit Thymianwasser reinigen, wenn es dir recht ist?“
Erasmus nickte zustimmend. „Deine Alice ist eine tüchtige Hausfrau. Sie denkt an alles!“
„Ja ohne sie wäre ich ganz verloren. Vielleicht verstehst du es jetzt besser, dass ich lieber ein gottesfürchtiger Ehemann bin, als ein unkeuscher Priester! Du, mein Freund brauchst eine Mauer, um die Welt fernzuhalten. Denn du lebst von der Zwiesprache mit Platon, Christus und den Kirchenvätern! Aber ich brauche Familienbande.“
Es duftete nach Hammelbraten, als sie das Speisezimmer betraten und Erasmus grummelte der Magen. Der Tisch war festlich gedeckt und Alice wartete zusammen mit den Kindern auf ihren Gatten und seinen Gast. Nachdem sie Platz genommen und das Tischgebet gesprochen hatten, erhob Erasmus sein Glas. Ein warmes Lächeln spielte um seine Lippen.
„Auf sie, Madame Alice! Sie sind nicht nur eine tüchtige Hausfrau sondern auch ein sehr mitfühlender Mensch!“
Margaret übersetzte Erasmus´ Worte, worauf ein Ausdruck geschmeichelter Eitelkeit Alices Miene aufhellte. Es war als wäre das Eis zwischen ihr und Erasmus gebrochen.
Während Erasmus sich an den Speisen gütlich tat, bemerkte er wie Mores Kinder kichernd Margaret etwas zuflüsterten.
„Kinder benehmt euch, wir haben einen Gast!“, ertönte Mores Stimme mit gespielter Strenge. Thomas wandte sich an Erasmus: „Damit die Kinder wissen, was du so schreibst, habe ich ihnen Teile deines Lobes der Torheit übersetzt. Seitdem necken sie Magaret mit deinem Spruch über die herkömmliche Meinung über Frauen: „Wie ein Sattel nicht zum Ochsen passt, passt auch die Bildung nicht zur Frau!“ Erasmus schmunzelte.
„Kinder benehmt euch, wir haben einen Gast!“, ertönte Mores Stimme mit gespielter Strenge. Thomas wandte sich an Erasmus: „Damit die Kinder wissen, was du so schreibst, habe ich ihnen Teile deines Lobes der Torheit übersetzt. Seitdem necken sie Magaret mit deinem Spruch über die herkömmliche Meinung über Frauen: „Wie ein Sattel nicht zum Ochsen passt, passt auch die Bildung nicht zur Frau!“ Erasmus schmunzelte.
Am frühen Morgen saβen Thomas und Erasmus in zwei bequemen Lehnstühlen im Studierzimmer. Sie hatten noch so viel zu besprechen vor Erasmus´ Abreise. “Deine Neufassung des Neuen Testaments anhand der griechischen Quellen hat mich sehr beeindruckt!“, sagte More.
Ein Leuchten glitt über Erasmus´ bleiches Gesicht. „Ja, an den griechischen Handschriften habe ich mich sehr abgerackert, vor allem die Briefe des Heiligen Hieronymus haben mir viel Schweiβ gekostet.“
„Das will ich dir gerne glauben. Aber du hast der Christenheit einen groβen Dienst bewiesen. Nun können die Menschen die Evangelien in ihrer ursprünglichen Fassung lesen ohne die Fabeln, die Theologen im Laufe der Jahrhunderte hineingeschmuggelt haben.“ More wog bedächtig seinen Kopf.
„Ich fürchte nur, dass das Weglassen der Textstelle: Vater, Wort und Geist und die drei sind eins, dir eine Woge der Empörung einbringen wird von Seiten der Kirchenmänner.
„Aber sie kommen in der griechischen Bibel einfach nicht vor!“, erwiderte Erasmus.
„Da du offene Konlikte so verabscheust, würde ich dir raten, die Zustimmung Papst Leos X. einzuholen. Ich weiβ, er ist eine schillernde Figur wegen seines Geschäfts mit der Seele, aber er ist auch ein Humanist und des Griechischen mächtig.“
„Du hast recht, die Zustimmung Leos X. würde mir viel Ärger ersparen. Ich werde es versuchen!“
„Übrigens, es ist mir zu Ohren gekommen, dass auch du in den Fürstendienst getreten bist. Ein Ratsherr des Erzherzogs Karl?“
Ein Leuchten glitt über Erasmus´ bleiches Gesicht. „Ja, an den griechischen Handschriften habe ich mich sehr abgerackert, vor allem die Briefe des Heiligen Hieronymus haben mir viel Schweiβ gekostet.“
„Das will ich dir gerne glauben. Aber du hast der Christenheit einen groβen Dienst bewiesen. Nun können die Menschen die Evangelien in ihrer ursprünglichen Fassung lesen ohne die Fabeln, die Theologen im Laufe der Jahrhunderte hineingeschmuggelt haben.“ More wog bedächtig seinen Kopf.
„Ich fürchte nur, dass das Weglassen der Textstelle: Vater, Wort und Geist und die drei sind eins, dir eine Woge der Empörung einbringen wird von Seiten der Kirchenmänner.
„Aber sie kommen in der griechischen Bibel einfach nicht vor!“, erwiderte Erasmus.
„Da du offene Konlikte so verabscheust, würde ich dir raten, die Zustimmung Papst Leos X. einzuholen. Ich weiβ, er ist eine schillernde Figur wegen seines Geschäfts mit der Seele, aber er ist auch ein Humanist und des Griechischen mächtig.“
„Du hast recht, die Zustimmung Leos X. würde mir viel Ärger ersparen. Ich werde es versuchen!“
„Übrigens, es ist mir zu Ohren gekommen, dass auch du in den Fürstendienst getreten bist. Ein Ratsherr des Erzherzogs Karl?“
Unmut verschattete sein Gesicht. „Ich habe Geld gebraucht. Aber die Vergütungen sind nicht so groβ wie die Versprechen.“
Lärmend polterten die Kinder die Stiege hinauf und riefen, dass Erasmus‘ Kutsche eingetroffen sei. Erasmus schulterte seine Tasche und umarmte More. Das Grauschwarz des Nebels auf der Straβe legte sich auf ihr Gemüt.
„So Gott will, sehen wir uns im Herbst in Antwerpen wieder. Unser König will mich zu Karl auf eine Handelsmission schicken!“
Lärmend polterten die Kinder die Stiege hinauf und riefen, dass Erasmus‘ Kutsche eingetroffen sei. Erasmus schulterte seine Tasche und umarmte More. Das Grauschwarz des Nebels auf der Straβe legte sich auf ihr Gemüt.
„So Gott will, sehen wir uns im Herbst in Antwerpen wieder. Unser König will mich zu Karl auf eine Handelsmission schicken!“
Obwohl sich Thomas More und Erasmus kaum mehr begegneten, unterhielten sie einen Briefwechsel. Erasmus lebte in Basel als er erfuhr, dass König Heinrich VIII. Thomas More im Jahr 1935 hinrichten lieβ, da sein Lordkanzler sich weigerte, ihn als Oberhaupt der anglikanischen Kirche anzuerkennen.