Liebe auf den ersten Blick
Über Gent spannte sich ein grauer, trostloser Februarhimmel. Der Wind wirbelte Blätter aus dem Park auf das dunkelgrau glänzende Pflaster des Innenhofs von Ter Walle. Herzogin Marguerite und ihre achtzehnjährige Stieftochter langweilten sich im goldenen Käfig des Schlosses. Hand in Hand eilten sie in die Bibliothek. Der Bibliothekar verbeugte sich tief vor ihnen. „Welche illustrierte Handschrift wünscht Ihr, heute einzusehen?“ Marguerite, die Marie um eine Kopflänge überragte, beugte sich zu ihr herunter und sah sie fragend an. „Wie wäre es mit dem Stundenbuch des Herzogs von Berry, meines ersten Verlobten? Ihre Stiefmutter nickte zustimmend. Während sie auf die Handschrift warteten, betrachteten sie die Deckenmalerei, die hoch über ihren Köpfen schwebte.
Da tummelten sich halbnackte, kraftstrotzende Krieger zwischen den Wölkchen. Marguerite und Marie rümpften die Nase. „Ach, Marie, dein Vater hat an den antiken Helden und ihren Kriegen einen Narren gefressen. Ich fürchte, er strebt danach, Julius Caesar zu überflügeln. Erst die vielen Kriege mit Frankreich, danach das Katz und Maus Spiel um Lothringen...“ Marguerite rieb sich sorgenvoll die Stirn. „Derzeit belagert er Neuss und demnächst gedenkt er, mit meinem Bruder Frankreich in Stücke zu zerreißen.“
Angst kroch in Marie hoch. „Wenn er nur nicht so endet wie Caesar!“ Marguerite legte ihre Hand auf Maries Schulter und ihre Stimme klang seltsam belegt: „Marie, deshalb haben deine Gouvernante und ich deine Studien stets mehr auf die Staatskunde ausgerichtet. Du bist seine einzige Erbin!“ Marie sah sie wie versteinert an. Marguerite umfing ihre Stieftochter und drückte sie fest an sich. „Mein Kind, letztendlich liegt alles in Gottes Hand! Wenn die Klippen des Lebens besonders steil sind, verleiht uns eine unsichtbare Hand die Kraft, die Hindernisse zu bewältigen.
Aber vorläufig sollten wir uns nicht sorgen, um etwas, das wir nicht beeinflussen können.“ Marie löste sich aus der Umarmung und ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen.
Da tummelten sich halbnackte, kraftstrotzende Krieger zwischen den Wölkchen. Marguerite und Marie rümpften die Nase. „Ach, Marie, dein Vater hat an den antiken Helden und ihren Kriegen einen Narren gefressen. Ich fürchte, er strebt danach, Julius Caesar zu überflügeln. Erst die vielen Kriege mit Frankreich, danach das Katz und Maus Spiel um Lothringen...“ Marguerite rieb sich sorgenvoll die Stirn. „Derzeit belagert er Neuss und demnächst gedenkt er, mit meinem Bruder Frankreich in Stücke zu zerreißen.“
Angst kroch in Marie hoch. „Wenn er nur nicht so endet wie Caesar!“ Marguerite legte ihre Hand auf Maries Schulter und ihre Stimme klang seltsam belegt: „Marie, deshalb haben deine Gouvernante und ich deine Studien stets mehr auf die Staatskunde ausgerichtet. Du bist seine einzige Erbin!“ Marie sah sie wie versteinert an. Marguerite umfing ihre Stieftochter und drückte sie fest an sich. „Mein Kind, letztendlich liegt alles in Gottes Hand! Wenn die Klippen des Lebens besonders steil sind, verleiht uns eine unsichtbare Hand die Kraft, die Hindernisse zu bewältigen.
Aber vorläufig sollten wir uns nicht sorgen, um etwas, das wir nicht beeinflussen können.“ Marie löste sich aus der Umarmung und ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen.
Die Schritte des Bibliothekars schlugen klatschend auf den Marmorboden. Er verneigte sich und wies auf das Pult in der Nähe des Erkerfensters. Mit glänzenden Augen blätterten sie in der Handschrift. Jeder Monat enthielt eine Landschaft mit lebensechten Gebäuden und Menschen darin. Marie strahlte, beim Anblick der halbkreisförmigen astrologischen Darstellungen oberhalb der Bilder. Das Blau des Himmels faszinierte sie.
Nachdem sie sich an den Bildern sattgesehen hatten, wies Marguerite auf die gepolsterten Bänke vor dem Erkerfenster. „Lass uns hier noch ein wenig ungestört plaudern über das, was uns auf der Seele brennt.“ Ein dankbares Lächeln huschte über Maries Gesicht. „Für mich bist du ein Geschenk des Himmels! Du und meine Gouvernante ihr seid die Einzigen, denen ich mich anvertrauen kann.“ Marguerite tätschelte Maries Hand. „Das Gleiche gilt für mich. Ohne dich wäre ich nur eine einsame Fremde an diesem Hof, ein Tauschobjekt für Wolle und Bogenschützen.“ Sie zögerte, fuhr aber dann fort: „Dein Vater behandelt mich zwar höflich, aber er teilt mit mir nicht mehr das Bett.“ Sie erröteten beide. „Bei seinem letzten Aufenthalt in Gent habe ich ihn darauf angesprochen, worauf er mir geantwortet hat, dass Alexander und Caesar ebenfalls keine männlichen Nachkommen gehabt hätten.“ Marguerite zog ein spitzenbesetztes Tüchlein hervor, mit dem sie sich verlegen die Augen tupfte.
Nachdem sie sich an den Bildern sattgesehen hatten, wies Marguerite auf die gepolsterten Bänke vor dem Erkerfenster. „Lass uns hier noch ein wenig ungestört plaudern über das, was uns auf der Seele brennt.“ Ein dankbares Lächeln huschte über Maries Gesicht. „Für mich bist du ein Geschenk des Himmels! Du und meine Gouvernante ihr seid die Einzigen, denen ich mich anvertrauen kann.“ Marguerite tätschelte Maries Hand. „Das Gleiche gilt für mich. Ohne dich wäre ich nur eine einsame Fremde an diesem Hof, ein Tauschobjekt für Wolle und Bogenschützen.“ Sie zögerte, fuhr aber dann fort: „Dein Vater behandelt mich zwar höflich, aber er teilt mit mir nicht mehr das Bett.“ Sie erröteten beide. „Bei seinem letzten Aufenthalt in Gent habe ich ihn darauf angesprochen, worauf er mir geantwortet hat, dass Alexander und Caesar ebenfalls keine männlichen Nachkommen gehabt hätten.“ Marguerite zog ein spitzenbesetztes Tüchlein hervor, mit dem sie sich verlegen die Augen tupfte.
„Aber erzähle mir nun, was dir auf dem Herzen liegt.“ Marie schlug für einen Moment die Augen nieder. „Für Vater bin ich Luft! Schon als Kind hat er nie mit mir gespielt. Zu meiner Freude ist mein Großvater sehr liebevoll zu mir gewesen. Das letzte Mal, als Vater in Gent verweilt hat, habe ich mich in sein Arbeitszimmer geschlichen, um mit ihm zu sprechen. Aber er hat mich kaum zu Wort kommen lassen und sogleich verscheucht, da er Wichtigeres zu tun habe, als sich das Weibergeschwätz anzuhören.“
Ihre Stiefmutter sah sie mitfühlend an. „Worüber wolltest du denn mit ihm sprechen?“ Da platzte es aus Marie heraus: „Marguerite, ich bin nun achtzehn Jahre alt und will wissen, mit wem und wann Vater mich verheiraten wird. Verlobte hat es in Hülle und Fülle gegeben: Zwei sind meines Wissens von meinem Patenonkel, Ludwig XI., ermordet worden. Bei den anderen hat Vater mich nur als Lockvogel für Verträge benutzt.“
Ihre Stiefmutter sah sie mitfühlend an. „Worüber wolltest du denn mit ihm sprechen?“ Da platzte es aus Marie heraus: „Marguerite, ich bin nun achtzehn Jahre alt und will wissen, mit wem und wann Vater mich verheiraten wird. Verlobte hat es in Hülle und Fülle gegeben: Zwei sind meines Wissens von meinem Patenonkel, Ludwig XI., ermordet worden. Bei den anderen hat Vater mich nur als Lockvogel für Verträge benutzt.“
Marguerite berührte sie sanft am Ärmel. „Du hast die Absichten deines Vaters gut durchschaut. Wenn es dich tröstet, mir ist es ebenso ergangen. Erst mit zweiundzwanzig Jahren bin ich mit deinem Vater vermählt worden als Köder für den Handel.“
Tränen brannten in Maries Augen, als sie noch hinzufügte: „Ich habe ein Gespräch zwischen meiner Gouvernante und ihrem Cousin belauscht, in dem dieser angedeutet hat, dass Vater mich erst verheiraten wird, wenn er als Mönch in ein Kloster eintritt. Ich will nicht ewig Jungfrau bleiben!“
Marguerite schmunzelte belustigt. „Marie, das ist ein Scherz gewesen. Kannst du dir deinen Vater als Mönch vorstellen?“
Maries Züge entspannten sich und sie kicherte.
„Habe etwas Geduld mit der Heirat, mein Kind! Auch ist das Treffen zwischen deinem Vater und dem Kaiser in Trier misslungen, so ist der Kaisersohn doch noch ein ernstzunehmender Kandidat. Thomas hat ihn mir beschrieben als einen gutaussehenden, freundlichen, jungen Mann, der sich nach dir erkundigt hat. Obwohl er zwei Jahre jünger ist als du, sieht man ihm den Altersunterschied nicht an.“
Marguerite nestelte in ihrem Täschchen, das mit einem Riemen am Gürtel befestigt war, und holte ein Medaillon hervor. „Thomas hat es für dich anfertigen lassen.“ Marie griff begierig danach.
Das lange, leicht gewellte, blonde Haar, das markante Gesicht mit der scharfen Adlernase und dem schön geschwungenen Mund, hellte ihren Blick auf. Sie wollte etwas sagen, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken. Ein Lächeln stahl sich in die Mundwinkel ihrer Stiefmutter. „Maximilian wäre der ideale Gatte für dich. Als Sohn des Kaisers genießt er genug Ansehen, um dich vor unseren Feinden zu beschützen. Es ist anzunehmen, dass er seinem Vater auf dem Thron folgt und dann wird meine kleine Marie den kaiserlichen Titel tragen, was ihrem Vater nicht gelungen ist.“
„Möge es wahr werden!“, hauchte Marie mit einem verträumten Blick.
Tränen brannten in Maries Augen, als sie noch hinzufügte: „Ich habe ein Gespräch zwischen meiner Gouvernante und ihrem Cousin belauscht, in dem dieser angedeutet hat, dass Vater mich erst verheiraten wird, wenn er als Mönch in ein Kloster eintritt. Ich will nicht ewig Jungfrau bleiben!“
Marguerite schmunzelte belustigt. „Marie, das ist ein Scherz gewesen. Kannst du dir deinen Vater als Mönch vorstellen?“
Maries Züge entspannten sich und sie kicherte.
„Habe etwas Geduld mit der Heirat, mein Kind! Auch ist das Treffen zwischen deinem Vater und dem Kaiser in Trier misslungen, so ist der Kaisersohn doch noch ein ernstzunehmender Kandidat. Thomas hat ihn mir beschrieben als einen gutaussehenden, freundlichen, jungen Mann, der sich nach dir erkundigt hat. Obwohl er zwei Jahre jünger ist als du, sieht man ihm den Altersunterschied nicht an.“
Marguerite nestelte in ihrem Täschchen, das mit einem Riemen am Gürtel befestigt war, und holte ein Medaillon hervor. „Thomas hat es für dich anfertigen lassen.“ Marie griff begierig danach.
Das lange, leicht gewellte, blonde Haar, das markante Gesicht mit der scharfen Adlernase und dem schön geschwungenen Mund, hellte ihren Blick auf. Sie wollte etwas sagen, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken. Ein Lächeln stahl sich in die Mundwinkel ihrer Stiefmutter. „Maximilian wäre der ideale Gatte für dich. Als Sohn des Kaisers genießt er genug Ansehen, um dich vor unseren Feinden zu beschützen. Es ist anzunehmen, dass er seinem Vater auf dem Thron folgt und dann wird meine kleine Marie den kaiserlichen Titel tragen, was ihrem Vater nicht gelungen ist.“
„Möge es wahr werden!“, hauchte Marie mit einem verträumten Blick.