Hochzeit Karls des Kühnen
Hin- und hergerissen zwischen Zuversicht und Furcht wälzte sich Marguerite in ihrem Bett von einer Seite auf die andere, aber der Schlaf kam nicht. Ein Pochen an der Tür ließ sie hochfahren. An betrat ihr Schlafgemach. „Meine Liebe, es ist vier Uhr morgens und es ist höchste Zeit zum Ankleiden.“ Marguerite gab sich einen Ruck und stand auf. Ans Blick huschte prüfend über ihr Gesicht. „Deiner Miene nach zu schließen, hast du kein Auge zugetan.“ Wortlos zog An sie in ihre Arme und drückte sie fest an sich. Ans Wärme übertrug sich auf Marguerite und löste ein wenig ihre Anspannung. Eilends legte An ihr karmesinrote Seidenstrümpfe an und reichte ihr spitz zulaufende, goldene Schuhe, in die Marguerite gehorsam hineinschlüpfte “Drücken sie?“ „Nein, sie sind bequem, ich stehe wieder mit beiden Füssen fest auf dem Boden.“ An lächelte zufrieden. Sie streifte ihr ein hauchdünnes Unterkleid über und half ihr in das weiße mit Goldfäden durchwirkte Brokatkleid. Bevor Marguerite sich auf den Stuhl vor dem Spiegel niederließ, glättete ihr An die Falten der Robe. Dann löste sie den Zopf und kämmte ihr das blonde Haar aus, das bis über die Schultern fiel. Zum Schluss setzte sie ihr eine kleine Krone auf das Haupt. Marguerites Spiegelbild zeigte ihr eine Frau mit einem ernsten, ovalen Gesicht, makellosen Teint, dunklen Augen, umrahmt von goldblondem Haar. „An, du bist eine Künstlerin! In diesem Aufzug werde ich die in Prunk vernarrten Burgunder gewiss nicht enttäuschen.“ Sie stand auf und küsste An auf die Stirn.
Mit raschelnder Robe betrat die zukünftige Herzogin den Empfangssaal. Im Licht unzähliger Kerzen blinkte Karls mit Edelsteinen besetzter Mantel wie ein Sternenmeer.
Erstaunen malte sich auf seine Miene, als er seine Braut erblickte. Marguerites mit Gold durchwirktes Brautkleid glänzte im Lichtermeer und ihr offenes Haar schien mit dem Gold des Kleides zu verschmelzen. Er bekam leuchtende Augen und seine Wangen verfärbten sich vor Vorfreude. „Madame, Eure Erscheinung übertrifft meine Erwartungen. Wir beide werden als Jason mit seiner goldenen Amazone in aller Munde sein.“ Ein Lächeln umspielte Marguerites Lippen. Karl bot ihr den Arm und gemeinsam schritten sie zur gegenüberliegenden Liebfrauenkirche, gefolgt von einem Tross englischer und burgundischer Adeligen. Nachdem sie sich das Jawort gegeben hatten, zelebrierte der Bischof von Cambrai die Messe begleitet von der Hofkapelle. Die Knabenstimmen jubilierten und verwoben sich mit den Klängen der Instrumente so erhebend und mitreißend, dass Tränen über Marguerites Antlitz liefen. Selbst Karl trafen die Töne ins Herz. In seinen Augen schimmerte es feucht, als er sich von ihr verabschiedete. „Musik ist ein Geschenk Gottes, ein Stück Himmel, das uns die Last der Welt vergessen lässt.“ Er räusperte sich. „Die Etikette erlaubt es mir nicht, Euch nach Brügge zu begleiten. Aber ich wünsche Euch einen freudigen Einzug in unsere Stadt!“ Ein bewunderndes Strahlen huschte über Thomas´ Gesicht, als er Marguerite zu ihrer Sänfte führte. „Ich wünschte, ich wäre der Bräutigam.“, raunte er ihr zu. Karls Gattin antwortete mit einem wehmütigen Lächeln.
Die karmesinrote Sänfte war mit Goldstoff ausgelegt und wurde von zwei schneeweißen Pferden getragen. Bevor sie die hölzerne Treppe zur Sänfte bestieg, sah sich Marguerite um. Hinter ihr standen elegante Kutschen. „In diesen Wagen reisen die englischen und burgundischen Damen.“, erklärte Thomas ihr. „Dahinter schließt sich eine Kavalkade von Edelleuten an. Der Einzug wird Stunden dauern, da dich Tausende von Würdenträgern begrüßen und sich dem Zug einfügen werden. Marguerite presste die Lippen aufeinander.
Beide schauten besorgt zum Morgenhimmel auf, über den zerrissene, weißgraue Wolken jagten. Marguerite schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass es an diesem Festtag nicht regnen möge. „Meg, was immer geschieht, ich reite an deiner Seite und werde dich beschützen.“, flüsterte ihr Thomas zu und half ihr in die Sänfte. Eingerahmt von Hellebardieren setzte sich der Festzug in Bewegung. Nach kurzer Zeit erhoben sich vor Marguerites Augen gewaltige Stadtwälle. Das musste Brügge sein. Verwundert sah sie auf die zahllosen Windmühlen auf den Wällen, deren Flügel laut klapperten. Kaum hatte ihre Sänfte ein imposantes Stadttor passiert, da schmetterte Trompetenschall durch die Stadt. Das Volk säumte den Straßenrand und warf Girlanden und Blüten auf die Sänfte. Die Herzogin winkte und lächelte. Ehe sie sich es versah, marschierte eine Schar von etwa hundert Männern, in kostbare Kleidung gehüllt, auf sie zu. Ein korpulenter Herr verneigte sich vor ihr und hielt eine Ansprache. Es war der Bürgermeister von Brügge. Er sprach ein mit Flämisch durchsetztes Französisch. Am Ende seiner Rede bot er Marguerite einen Pokal voll Goldmünzen an. Ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie sich in seiner Muttersprache bedankte. Er strahlte über sein ganzes Gesicht und rief: “Hoch lebe die Herzogin! Endlich haben wir eine Fürstin, die es nicht verschmäht, unsere Sprache zu sprechen.“ Das Volk schrie sich vor Begeisterung die Kehle aus dem Hals, riss die Kappen vom Kopf und schwenkte sie hoch.
Erstaunen malte sich auf seine Miene, als er seine Braut erblickte. Marguerites mit Gold durchwirktes Brautkleid glänzte im Lichtermeer und ihr offenes Haar schien mit dem Gold des Kleides zu verschmelzen. Er bekam leuchtende Augen und seine Wangen verfärbten sich vor Vorfreude. „Madame, Eure Erscheinung übertrifft meine Erwartungen. Wir beide werden als Jason mit seiner goldenen Amazone in aller Munde sein.“ Ein Lächeln umspielte Marguerites Lippen. Karl bot ihr den Arm und gemeinsam schritten sie zur gegenüberliegenden Liebfrauenkirche, gefolgt von einem Tross englischer und burgundischer Adeligen. Nachdem sie sich das Jawort gegeben hatten, zelebrierte der Bischof von Cambrai die Messe begleitet von der Hofkapelle. Die Knabenstimmen jubilierten und verwoben sich mit den Klängen der Instrumente so erhebend und mitreißend, dass Tränen über Marguerites Antlitz liefen. Selbst Karl trafen die Töne ins Herz. In seinen Augen schimmerte es feucht, als er sich von ihr verabschiedete. „Musik ist ein Geschenk Gottes, ein Stück Himmel, das uns die Last der Welt vergessen lässt.“ Er räusperte sich. „Die Etikette erlaubt es mir nicht, Euch nach Brügge zu begleiten. Aber ich wünsche Euch einen freudigen Einzug in unsere Stadt!“ Ein bewunderndes Strahlen huschte über Thomas´ Gesicht, als er Marguerite zu ihrer Sänfte führte. „Ich wünschte, ich wäre der Bräutigam.“, raunte er ihr zu. Karls Gattin antwortete mit einem wehmütigen Lächeln.
Die karmesinrote Sänfte war mit Goldstoff ausgelegt und wurde von zwei schneeweißen Pferden getragen. Bevor sie die hölzerne Treppe zur Sänfte bestieg, sah sich Marguerite um. Hinter ihr standen elegante Kutschen. „In diesen Wagen reisen die englischen und burgundischen Damen.“, erklärte Thomas ihr. „Dahinter schließt sich eine Kavalkade von Edelleuten an. Der Einzug wird Stunden dauern, da dich Tausende von Würdenträgern begrüßen und sich dem Zug einfügen werden. Marguerite presste die Lippen aufeinander.
Beide schauten besorgt zum Morgenhimmel auf, über den zerrissene, weißgraue Wolken jagten. Marguerite schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass es an diesem Festtag nicht regnen möge. „Meg, was immer geschieht, ich reite an deiner Seite und werde dich beschützen.“, flüsterte ihr Thomas zu und half ihr in die Sänfte. Eingerahmt von Hellebardieren setzte sich der Festzug in Bewegung. Nach kurzer Zeit erhoben sich vor Marguerites Augen gewaltige Stadtwälle. Das musste Brügge sein. Verwundert sah sie auf die zahllosen Windmühlen auf den Wällen, deren Flügel laut klapperten. Kaum hatte ihre Sänfte ein imposantes Stadttor passiert, da schmetterte Trompetenschall durch die Stadt. Das Volk säumte den Straßenrand und warf Girlanden und Blüten auf die Sänfte. Die Herzogin winkte und lächelte. Ehe sie sich es versah, marschierte eine Schar von etwa hundert Männern, in kostbare Kleidung gehüllt, auf sie zu. Ein korpulenter Herr verneigte sich vor ihr und hielt eine Ansprache. Es war der Bürgermeister von Brügge. Er sprach ein mit Flämisch durchsetztes Französisch. Am Ende seiner Rede bot er Marguerite einen Pokal voll Goldmünzen an. Ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie sich in seiner Muttersprache bedankte. Er strahlte über sein ganzes Gesicht und rief: “Hoch lebe die Herzogin! Endlich haben wir eine Fürstin, die es nicht verschmäht, unsere Sprache zu sprechen.“ Das Volk schrie sich vor Begeisterung die Kehle aus dem Hals, riss die Kappen vom Kopf und schwenkte sie hoch.
Der Festzug wälzte sich durch eine enge Gasse und kam auf dem Marktplatz zum Stillstand. Kaum hatte Marguerite einen Blick auf das prunkvolle Rathaus geworfen, als schon von allen Seiten ein Farbenmeer von ausländischen Kaufleuten auf sie zuströmte. Begleitet von Fanfaren und Trommeln zogen die Engländer an ihr vorüber. Es folgten die Hanseaten, Portugiesen, Spanier, Genuesen und Florentiner. Die Venezianer erschienen mit Fackelträgern und waren gekleidet wie Pfaue. Auf den Seiten des Platzes standen lebende Schaubilder. Marguerites Blick streifte eine Darstellung Jasons mit einer Schlange, aber schon bewegte sich der Festzug weiter. Wiederum hielt er an und ein Regenschauer ging nieder. Obwohl die Sänfte überdeckt war, prasselte der Regen auf ihre Robe. Da zauberte Thomas aus seiner Satteltasche eine karmesinrote Decke hervor und breitete sie behutsam über sie aus. Die hunderte Bischöfe und Äbte in ihren violetten, purpurnen und schwarzen Talaren waren dem Regen ausgesetzt. Ebenfalls die Vliesritter, die ohne eine Miene zu verziehen, an ihr vorbeizogen. Allmählich hatten sich die Regenwolken verzogen und ein durchsichtig blauer Himmel überspannte die Stadt. Der Festzug traf beim herzoglichen Schloss ein. Steif und ungelenk vom stundenlangen Sitzen erhob sich Marguerite und kletterte aus der Sänfte. Unter den Klängen von Trompeten und Schalmeien geleitete sie der Herr von Ravenstein, ein Onkel ihres Gatten, durch das Tor in den Innenhof des Palastes. Ihr gingen die Augen über, als sie das zweistöckige Palais mit den kolossalen Seitenflügeln und den unzähligen Türmchen sah. Karls Prinzenhof war weitaus größer als der Westminsterpalast ihres königlichen Bruders.
Da eilten schon Isabelle und Marie auf sie zu. Beide umarmten sie überschwänglich und geleiteten sie in ihre Gemächer. „Ruhe dich etwas aus, meine Liebe.“, sagte Karls Mutter und reichte ihr ein Glas Wein. „Man hat mir berichtet, dass die Einwohner Brügges einen Narren an dir gefressen haben wegen deiner flämischen Ansprache.“ Ein Lächeln stahl sich auf Isabelles faltiges Gesicht. „Das ist vorteilhaft für Karl, denn vorläufig wird sich Brügge nicht gegen ihn auflehnen.“ Gerührt legte sie ihre knotige Hand auf die Wange ihrer Schwiegertochter, bevor sie mit ihrer Enkelin das Gemach verließ.
Marguerite huschte auf den Korridor und hielt nach An Ausschau. In der Mitte des Flurs steckte ihre burgundische Hofdame, Marie de Charnie, mit anderen Damen die Köpfe zusammen. Sie näherte sich ein wenig der Gruppe und hörte, wie sich Karls Bastardschwester die Zunge an ihr wetzte: „Man munkelt, die Herzogin ist keine Jungfrau mehr.“ Marie hielt kurz inne. Ihre Stimme wurde schrill und überschlug sich: „Ein englischer Pferdeknecht hat dem Herzog von Burgund Hörner aufgesetzt.“
Marguerite erbleichte, drehte sich auf dem Absatz um und hielt die Hände vor den Mund. Zurück in ihrem Gemach ließ sie den Tränen freien Lauf. An traf sie aufgelöst an und nahm sie in die Arme. „Die Gerüchte, nicht wahr?“ Meg nickte. An tätschelte ihr die Hand. „Wenn Karl sie ernst nehmen würde, hätte die Heirat nicht stattgefunden! Lass dich frisch machen für das Diner!“
Der Herr von Ravenstein geleitete die Herzogin in die Festhalle, die im Innenhof errichtet war. Von Außen wirkte das hölzerne Gebäude eher bescheiden. Aber beim Betreten weiteten sich Marguerites Augen. Der festlich geschmückte Bankettsaal schimmerte golden im Licht unzähliger Kerzen und sein schon fast überirdischer Glanz wurde von den sanften Klängen unsichtbarer Instrumente unterstrichen. Entlang an Anrichten mit erlesenem Geschirr schritten sie zum Thronpodest, auf dem ein blütenweiß gedeckter Tisch stand. Isabelle und ihre Stieftochter empfingen sie und nahmen zu ihrer rechten und linken Seite Platz.
Marie sprühte nur so vor Glück. „Marguerite, das ist mein erstes Festessen, ich bin so aufgeregt und freue mich, dass du bei mir bist.“ Ihre Stiefmutter schenkte ihr ein warmes Lächeln und strich ihr über den Handrücken. Marie wies auf die Galerien seitlich des Saales. „Schau, hier sitzen die Adeligen. Wie elegant sie doch gekleidet sind, Hüte mit Pfauenfedern und von Juwelen starrende Spitzhauben, als wären es Paradiesvögel.“ Schwere silberne Platten mit gebratenen Schwänen und Pfauen wurden aufgetragen. Marie stopfte sich den Mund voll, als hätte sie seit Monaten nichts Anständiges gegessen.
Isabelles Blick flog verstohlen zu ihrer Schwiegertochter. Marguerite beugte sich zu Marie herunter. „Mein Kind. mäßige dich mit dem Essen. Die nächsten Tage sind ausgefüllt mit Banketten. Du wirst dir doch nicht heute den Magen verderben und den anderen Festessen fernbleiben wollen?“ Marie senkte schuldbewusst den Kopf und ließ das Stück Pfau auf dem Teller liegen.
Fanfaren ertönten und kündigten ein Zwischengericht an. Ein kunstvoll geschnitztes Kamel rollte in den Saal, darauf saß ein bunt gekleideter Türke mit einem roten Turban. An den Flanken des mechanischen Tieres waren zwei Körbe befestigt. Eine erwartungsvolle Stille erfüllte den Festsaal. Der Türke klatschte in die Hände und ein Korb öffnete sich. Vögel flatterten zwitschernd in den Saal und umkreisten ihn. Plötzlich flog der zweite Korb auf und ein exotischer Zwerg sprang in den Saal. Er spielte auf einer Flöte eine seltsame Melodie, die die Vögel in ihren Korb zurücklockte. Unter Gelächter und Applaus verließ das Kamel den Saal. Marie jauchzte vor Vergnügen und konnte die folgenden Zwischengerichte kaum erwarten. Die Fröhlichkeit des Kindes wirkte ansteckend und übertrug sich auf die Erwachsenen. In heiterer Stimmung begaben sie sich nach dem Diner zum Turnier. Der Große Markt war in einen Kampfplatz verwandelt worden. Marguerite, Isabelle und Marie betraten den Platz durch eine bemalte Pforte. Auf dem Weg zur herzoglichen Tribüne stand eine vergoldete Tanne. Marie gluckste vor Vergnügen, als sie einen Narren entdeckte, der auf einem Zweig saß. Fragend sah sie ihre Großmutter an. „Mein Kind, der Harlekin wird die Wappen der Sieger auf dem Baum befestigen. “Auf der prunkvoll geschmückten Tribüne erwartete sie Karl. Er sah aus wie ein Ritter, der einem Wandteppich entstiegen ist. Er war in einen mit Perlen und Juwelen bestickten Mantel gehüllt und auf seinem Hut prangte ein riesiger Rubin. Heiter begrüßte er die Damen mit einem Handkuss. Trompetenschall schmetterte über den Platz und der große Bastard von Burgund, Karls Halbbruder, ersuchte die Herzogin, das Turnier zu eröffnen. Marguerite überreichte ihm ein Spitzentuch, das er an seiner Lanze befestigte. Karl war fast irre vor Freude, als er auf die seitlichen Tribünen wies. Kein Platz war unbesetzt „Die ganze Welt ist hier vertreten.“ Seine Augen senkten sich in die seiner Gattin. Staunen und Verstehen sprachen aus Marguerites Blick. „Möge dieses neuntägige Fest unserm Haus die erwünschte Anerkennung bringen!“ Karl küsste ihr die Hand und empfahl sich.
Schon drei Stunden waren das Hauen und Stechen in vollem Gang. Blut war geflossen und die Verwundeten waren auf Bahren weggetragen worden. Isabelles langes, hageres Gesicht sah erschöpft aus. Sie trommelte mit den Fingern auf die Lehne ihres Stuhles. Marguerite strich ihr über den Handrücken. "Ich habe mir in England ebenfalls öfters gewünscht, meilenweit von den Turnieren weg zu sein. Aber das ist heute der letzte Zweikampf. Gleich wird Karl die Sieger ehren und dann haben wir unsere Turnierpflicht erfüllt.“
Isabelles Blick flog verstohlen zu ihrer Schwiegertochter. Marguerite beugte sich zu Marie herunter. „Mein Kind. mäßige dich mit dem Essen. Die nächsten Tage sind ausgefüllt mit Banketten. Du wirst dir doch nicht heute den Magen verderben und den anderen Festessen fernbleiben wollen?“ Marie senkte schuldbewusst den Kopf und ließ das Stück Pfau auf dem Teller liegen.
Fanfaren ertönten und kündigten ein Zwischengericht an. Ein kunstvoll geschnitztes Kamel rollte in den Saal, darauf saß ein bunt gekleideter Türke mit einem roten Turban. An den Flanken des mechanischen Tieres waren zwei Körbe befestigt. Eine erwartungsvolle Stille erfüllte den Festsaal. Der Türke klatschte in die Hände und ein Korb öffnete sich. Vögel flatterten zwitschernd in den Saal und umkreisten ihn. Plötzlich flog der zweite Korb auf und ein exotischer Zwerg sprang in den Saal. Er spielte auf einer Flöte eine seltsame Melodie, die die Vögel in ihren Korb zurücklockte. Unter Gelächter und Applaus verließ das Kamel den Saal. Marie jauchzte vor Vergnügen und konnte die folgenden Zwischengerichte kaum erwarten. Die Fröhlichkeit des Kindes wirkte ansteckend und übertrug sich auf die Erwachsenen. In heiterer Stimmung begaben sie sich nach dem Diner zum Turnier. Der Große Markt war in einen Kampfplatz verwandelt worden. Marguerite, Isabelle und Marie betraten den Platz durch eine bemalte Pforte. Auf dem Weg zur herzoglichen Tribüne stand eine vergoldete Tanne. Marie gluckste vor Vergnügen, als sie einen Narren entdeckte, der auf einem Zweig saß. Fragend sah sie ihre Großmutter an. „Mein Kind, der Harlekin wird die Wappen der Sieger auf dem Baum befestigen. “Auf der prunkvoll geschmückten Tribüne erwartete sie Karl. Er sah aus wie ein Ritter, der einem Wandteppich entstiegen ist. Er war in einen mit Perlen und Juwelen bestickten Mantel gehüllt und auf seinem Hut prangte ein riesiger Rubin. Heiter begrüßte er die Damen mit einem Handkuss. Trompetenschall schmetterte über den Platz und der große Bastard von Burgund, Karls Halbbruder, ersuchte die Herzogin, das Turnier zu eröffnen. Marguerite überreichte ihm ein Spitzentuch, das er an seiner Lanze befestigte. Karl war fast irre vor Freude, als er auf die seitlichen Tribünen wies. Kein Platz war unbesetzt „Die ganze Welt ist hier vertreten.“ Seine Augen senkten sich in die seiner Gattin. Staunen und Verstehen sprachen aus Marguerites Blick. „Möge dieses neuntägige Fest unserm Haus die erwünschte Anerkennung bringen!“ Karl küsste ihr die Hand und empfahl sich.
Schon drei Stunden waren das Hauen und Stechen in vollem Gang. Blut war geflossen und die Verwundeten waren auf Bahren weggetragen worden. Isabelles langes, hageres Gesicht sah erschöpft aus. Sie trommelte mit den Fingern auf die Lehne ihres Stuhles. Marguerite strich ihr über den Handrücken. "Ich habe mir in England ebenfalls öfters gewünscht, meilenweit von den Turnieren weg zu sein. Aber das ist heute der letzte Zweikampf. Gleich wird Karl die Sieger ehren und dann haben wir unsere Turnierpflicht erfüllt.“
Nach dem opulenten Souper eilte Marguerite in ihr Gemach. Eine zunehmende Unruhe befiel sie. Würde Karl sie diese Nacht aufsuchen und die Ehe vollziehen? Ans warme, graue Augen sahen sie aufmunternd an. „Ich kenne keine Braut, die den Vollzug der Ehe nicht überstanden hat. Lass dich fein machen für dieses Ereignis.“
Marguerite saß unter dem Baldachin des Himmelbetts und wartete. Die Angst zermürbte sie und verlangsamte die Zeit. Ihre Kehle schnürte sich zu, als jemand die Klinke drückte und über die Schwelle trat. Es war Karl, gehüllt in einen Brokatmantel, unter dem ein weißes Nachthemd schimmerte. Sie erhob sich, um ihn zu begrüßen. Ihr offen getragenes goldenes Haar überflutete das seidene Nachtkleid. Karl lächelte scheu. „Madame, ich hoffe, nicht ungelegen zu kommen. Lasst uns ein wenig plaudern unter dem Genuss eines Glases Wein.“ Mit einer einladenden Geste wies er auf die Stühle, die sich vor dem marmornen Tisch befanden. Seine Hände bebten leicht, als er aus einer gläsernen Karaffe zwei Pokale mit dunkelrot funkelnden Wein füllte. Er hob sein Glas. „Auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit, meine Herzogin!“ Marguerite hing an seinen Lippen. „Ich bin äußerst zufrieden mit Eurem heutigen Auftreten. Ihr habt nicht nur die ausländischen Würdenträger beeindruckt, sondern sogar die aufsässigen Einwohner Brügges für mich gewonnen. Ich hoffe, es gelingt Euch ebenfalls mit den Gentern!“ Karl lächelte breit. Er räusperte sich. Sein Blick drang ernst in ihren. „Ihr müsst wissen, dass ich ein hitziges Temperament habe. Sollte ich verärgert sein, versucht nicht, mich auf andere Gedanken zu bringen, das würde mich in blinde Raserei versetzen. Wartet ab, bis ich mich wieder gefasst habe und teilt mir dann Eure Anregungen mit. Es liegt mir auf dem Herzen, Euch immer mit Respekt zu begegnen.“ Marguerite nickte zustimmend. Schweigen senkte sich zwischen sie. Die Frage hinsichtlich des Gerüchts brannte ihr auf den Nägeln. „Sire“, Marguerites Stimme klang etwas zittrig. „Nur zu, Madame!“ „Sind Euch ebenfalls die Verleumdungen über meine Jungfräulichkeit zu Ohren gekommen?“, fragte sie mit halb erstickter Stimme. Karl verzog das Gesicht und brach in ein dröhnendes Gelächter aus. „Madame, nehmt das nicht so schwer. Diesen Klatsch hat der französische König, dieser Erzschurke, in die Welt gesetzt, weil ihm eine Verbindung Burgunds mit England nicht in den Kram passt.“ Marguerite seufzte erleichtert auf. Karl hob lächelnd die Hände. „Vor einigen Tagen habe ich angeordnet, die Lästerer, in den Flüssen zu ertränken.“ Über den Tisch hinweg fasste er die Hand seiner Gattin. „Ich lasse es nicht zu, dass man meine Herzogin beleidigt! Aus diesem Grund habe ich heute meine Halbschwester, Marie und ihren Gatten vom Hof verbannt. Am liebsten hätte ich dieses Luder eigenhändig im Zwin ertränkt!“ Marguerite warf Karl einen dankbaren Blick zu.
Die Glocke der Liebfrauenkirche schlug zwölfmal an. Es war Mitternacht. Karl erhob sich und fasste seine Gattin an der Hand. „Es wird Zeit, Madame, unsere ehelichten Pflichten zu erfüllen.“ Gemeinsam schritten sie zum Himmelbett. Karl löste die Schleife der Kordel und streifte den Mantel ab. Kaum hatte Marguerite sich auf das Bett gelegt, schob er ihr das Nachthemd hoch. Er nahm sie in die Arme, strich ihr über das Haar und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich werde Euch jetzt wehtun, aber das muss sein, wenn wir Burgund einen Thronfolger schenken wollen.“ Er drang in sie ein und ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Unterleib. Eine Welle der Erleichterung floss durch den Körper ihres Gatten, als er aus ihr glitt. Kurze Zeit lagen sie stumm nebeneinander auf dem Rücken wie in Stein gemeißelte Grabfiguren.
Karl erhob sich, griff nach seinem Mantel und beugte sich über Marguerite. „Wenn der Himmel uns wohlgesinnt ist, haben wir unsere Tat vollbracht!“ Mit einer Verneigung, doch ohne ein weiteres Wort, verließ er den Raum.
Marguerite saß unter dem Baldachin des Himmelbetts und wartete. Die Angst zermürbte sie und verlangsamte die Zeit. Ihre Kehle schnürte sich zu, als jemand die Klinke drückte und über die Schwelle trat. Es war Karl, gehüllt in einen Brokatmantel, unter dem ein weißes Nachthemd schimmerte. Sie erhob sich, um ihn zu begrüßen. Ihr offen getragenes goldenes Haar überflutete das seidene Nachtkleid. Karl lächelte scheu. „Madame, ich hoffe, nicht ungelegen zu kommen. Lasst uns ein wenig plaudern unter dem Genuss eines Glases Wein.“ Mit einer einladenden Geste wies er auf die Stühle, die sich vor dem marmornen Tisch befanden. Seine Hände bebten leicht, als er aus einer gläsernen Karaffe zwei Pokale mit dunkelrot funkelnden Wein füllte. Er hob sein Glas. „Auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit, meine Herzogin!“ Marguerite hing an seinen Lippen. „Ich bin äußerst zufrieden mit Eurem heutigen Auftreten. Ihr habt nicht nur die ausländischen Würdenträger beeindruckt, sondern sogar die aufsässigen Einwohner Brügges für mich gewonnen. Ich hoffe, es gelingt Euch ebenfalls mit den Gentern!“ Karl lächelte breit. Er räusperte sich. Sein Blick drang ernst in ihren. „Ihr müsst wissen, dass ich ein hitziges Temperament habe. Sollte ich verärgert sein, versucht nicht, mich auf andere Gedanken zu bringen, das würde mich in blinde Raserei versetzen. Wartet ab, bis ich mich wieder gefasst habe und teilt mir dann Eure Anregungen mit. Es liegt mir auf dem Herzen, Euch immer mit Respekt zu begegnen.“ Marguerite nickte zustimmend. Schweigen senkte sich zwischen sie. Die Frage hinsichtlich des Gerüchts brannte ihr auf den Nägeln. „Sire“, Marguerites Stimme klang etwas zittrig. „Nur zu, Madame!“ „Sind Euch ebenfalls die Verleumdungen über meine Jungfräulichkeit zu Ohren gekommen?“, fragte sie mit halb erstickter Stimme. Karl verzog das Gesicht und brach in ein dröhnendes Gelächter aus. „Madame, nehmt das nicht so schwer. Diesen Klatsch hat der französische König, dieser Erzschurke, in die Welt gesetzt, weil ihm eine Verbindung Burgunds mit England nicht in den Kram passt.“ Marguerite seufzte erleichtert auf. Karl hob lächelnd die Hände. „Vor einigen Tagen habe ich angeordnet, die Lästerer, in den Flüssen zu ertränken.“ Über den Tisch hinweg fasste er die Hand seiner Gattin. „Ich lasse es nicht zu, dass man meine Herzogin beleidigt! Aus diesem Grund habe ich heute meine Halbschwester, Marie und ihren Gatten vom Hof verbannt. Am liebsten hätte ich dieses Luder eigenhändig im Zwin ertränkt!“ Marguerite warf Karl einen dankbaren Blick zu.
Die Glocke der Liebfrauenkirche schlug zwölfmal an. Es war Mitternacht. Karl erhob sich und fasste seine Gattin an der Hand. „Es wird Zeit, Madame, unsere ehelichten Pflichten zu erfüllen.“ Gemeinsam schritten sie zum Himmelbett. Karl löste die Schleife der Kordel und streifte den Mantel ab. Kaum hatte Marguerite sich auf das Bett gelegt, schob er ihr das Nachthemd hoch. Er nahm sie in die Arme, strich ihr über das Haar und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich werde Euch jetzt wehtun, aber das muss sein, wenn wir Burgund einen Thronfolger schenken wollen.“ Er drang in sie ein und ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Unterleib. Eine Welle der Erleichterung floss durch den Körper ihres Gatten, als er aus ihr glitt. Kurze Zeit lagen sie stumm nebeneinander auf dem Rücken wie in Stein gemeißelte Grabfiguren.
Karl erhob sich, griff nach seinem Mantel und beugte sich über Marguerite. „Wenn der Himmel uns wohlgesinnt ist, haben wir unsere Tat vollbracht!“ Mit einer Verneigung, doch ohne ein weiteres Wort, verließ er den Raum.