Der erste Staatsakt Philipps von Burgund
Der Reisezug Maries, Herzogin von Burgund, schlängelte sich wie ein vielfarbiges Band über die flandrischen Landstraßen, die auf beiden Seiten mit hellgrün leuchtenden Pappeln bepflanzt waren. Marie und dem Kind in ihrem Bauch machte das Schaukeln der Kutsche zusehends Beschwerden. Sie krümmte sich und verzog ihr Gesicht vor Schmerz.
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Ihre Stiefmutter, Marguerite, fasste nach ihrer Hand und wies auf die gewaltigen Wälle von Brügge, die sich am fernen Horizont abzeichneten. „Bald hast du diese qualvolle Reise überstanden. Wir werden uns direkt zum Prinzenhof begeben, wo dich ein warmes Bad erwartet.“Marie seufzte. „Ich habe nicht gedacht, dass mir die Schwangerschaft so sehr zu schaffen machen würde.“ Marguerite sah sie einfühlsam an und lächelte. „In ein paar Wochen ist alles überstanden und sollte das Kind ein Junge sein, wie die Hebammen meinen, werden deine Untertanen in einen Freudentaumel ausbrechen und der Anspruch des französischen Königs auf unsere Länder wird im Sand verlaufen.“ Marie sah sie zweifelnd an. „Lass uns hoffen, dass die Hebammen recht haben, obwohl es mir fragwürdig erscheint, dass sie an dem Strampeln des Kindes in meinem Bauch feststellen können, ob es ein Junge oder Mädchen wird.“
Fanfaren ertönten, als Maries Kutsche durch das gewaltige Stadttor rumpelte. Die Menschen drängten sich am Wegesrand und verrenkten die Hälse, um einen Blick auf ihre Herzogin zu erhaschen. Maries Glieder schmerzten und das Geschmetter der Trompeten dröhnte in ihren Ohren. Aber sie musste etwas tun, um ihre Untertanen nicht zu enttäuschen. Sie verzog ihre Lippen zu einem Lächeln und winkte den Menschen zu.
Eine Welle der Erleichterung erfasste sie, als sich die Türme des Prinzenhofes am Horizont abzeichneten. Marguerite streichelte ihr über die Hand. „Marie, du hast den Einzug in der Stadt würdevoll überstanden und nun kannst du dich in deinen Gemächern entspannen. Ann wird dir die geschwollen Glieder massieren und ein Bad mit duftenden Kräutern wird dich in einen sanften Schlaf wiegen.“
Eine Welle der Erleichterung erfasste sie, als sich die Türme des Prinzenhofes am Horizont abzeichneten. Marguerite streichelte ihr über die Hand. „Marie, du hast den Einzug in der Stadt würdevoll überstanden und nun kannst du dich in deinen Gemächern entspannen. Ann wird dir die geschwollen Glieder massieren und ein Bad mit duftenden Kräutern wird dich in einen sanften Schlaf wiegen.“
Die Wochen in Brügge verliefen im Rhythmus des normalen Alltags. Am Morgen begaben sich Marguerite und Marie zur Messe in die Schlosskapelle, um unter den weihevollen Klängen des Knabenchors für das Kriegsglück ihrer Lieben zu beten. Nachdem das „Ite missa est“ der Posaunenspieler verklungen war, verließen sie mit leuchtenden Augen den Raum. Nach dem Frühstück studierten sie die Staatsakten und warteten sehnsüchtig auf die wöchentlichen Nachrichten ihrer Krieger. Eines Tages kamen Berichte von Maximilian und Thomas, dass sie Teile des Hennegaus von den französischen Schnittern befreit hatten, mit der Anweisung die geflüchteten Bauern wieder heimkehren zu lassen. Marie triumphierte: “Die deutschen Landsknechte sind eine gute Investition gewesen. Sie haben alle Schnitter aufgeknüpft. Niemand scheint ihnen entwischt zu sein.“ „Ja, mein Kind, sie haben es Ludwig heimgezahlt, sodass unsere Bauern wieder ihrem Tagewerk nachgehen können. Wir müssen den Stadträten den Auftrag erteilen, die Leute mit Saatgut und Werkzeugen zurückzuschicken.“ „Bei dieser Anweisung werden die Stadtväter einmal nicht murren, da sie die Last der Beherbergung und Verpflegung los sind.“ „Gewiss“, lächelte Marie.
„Hat Maximilian sich noch geäußert über den Namen des Kindes, den du ihm vorgeschlagen hast?“ „Ja, wenn es ein Junge wird, soll er Philipp nach meinem Großvater heißen. Max hat noch gescherzt, froh zu sein, dass ich nicht „Friedrich“ vorgeschlagen habe. Denn einen Sohn wie seinen trägen Vater kann er als Erbe Burgunds nicht gebrauchen.“ Marguerite schüttelte den Kopf. “Ich habe gar nicht gewusst, dass die Beziehung Maximilians zu seinem kaiserlichen Vater so zerrüttet ist.“ „Ach, Marguerite, Kaiser Friedrich scheint übertrieben besonnen zu handeln und hat Max mit seinem überschäumenden Tatendrang meistens einen Rüffel verpasst.“ Ein Leuchten trat in Maries Augen „Sollte unser Kind eine Tochter sein, möchte Max sie gerne nach dir nennen in der Hoffnung, dass sie eine ebenso weise Regentin wie du wirst. Wie du siehst, hat er einen Narren an dir gefressen.“ Zwei warme dunkle Augen sahen Marie an. „Auch mir ist dein Gatte ans Herz gewachsen, aber wie du weißt, muss er in seinem jugendlichen Eifer gezügelt werden. Deshalb bin ich so froh, dass er Thomas‘ Rat annimmt.“
Eines Nachmittags blickte Marguerite aus dem Fenster der Bibliothek. Ihr Herz krampfte sich zusammen, als sie im Innenhof sah, wie Maries Reitknecht ihr die gesattelte Stute am Halfter vorführte. Oh Gott, zitterte sie, Marie würde doch nicht so halsbrecherisch sein, in ihrem Zustand einen Ausritt zu wagen. Sollte sie in den Hof eilen, um sie davon abzuhalten? Aber ehe sie sich es versah, kraulte Marie das Tier hinter den Ohren und schien genussvoll den Geruch des Felles einzusaugen. Dann wandte sie sich von ihrer Stute ab und ging mit einem breiten Lächeln ins Schloss zurück.
Der Juni war gerade zwei Wochen alt, als Marguerite und Marie im herzoglichen Gemach die Staatsgeschäfte erledigten. Marie sah auf von den Akten und erfreute sich am Spiel des Sonnenlichts, das durch die Buntglasfenster fiel. Auf einmal durchfuhr sie ein reißender Schmerz im Unterbauch und sie schrie auf: „Marguerite, es ist so weit, das Kind kommt.“ Erschrocken rief ihre Stiefmutter Ann. Diese eilte in Windeseile herbei mit den Hebammen. Sie legten Marie auf das Himmelbett. Während die Wehen stärker wurden und Marie stöhnte, stellten Zofen einen Gebärstuhl auf und trugen die Stühle für die Hofdamen herein, die als Augenzeuginnen der Geburt beiwohnen sollten. Marguerite wischte Marie den Schweiß von der Stirn, die sich indessen stets mehr unter den Schmerzen krümmte. Im Nu hatten die Hofdamen ihre Plätze eingenommen und schielten neugierig auf die Herzogin . Nach einigen Stunden voll quälenden Schmerzen setzten die Hebammen Marie, die alles wie durch einen Schleier wahrnahm, auf den Gebärstuhl. Sie keuchte und presste. Schließlich glitt etwas aus ihr heraus. Ann fing das schreiende Neugeborene in ihren Armen auf, betrachtete es und flüsterte Marguerite etwas zu. Marguerite wurde es ganz heiß vor Freude und Erleichterung. Die Hofdamen verreckten sich die Hälse, um einen Blick auf das Kind zu erhaschen. Dann legte sich eine beklemmende Stille über den Raum, nur hier und da wurde verhalten getuschelt. Sprühend vor Glück wandte sich Marguerite an die Hofdamen. „Meine Damen“, sagte sie in feierlichem Ton: „Soeben habt Ihr die Geburt des burgundischen Thronfolgers, Prinz Philipp, miterlebt. Verbreitet diese Nachricht in ganz Brügge!“
Während Marie sich in ihrem Gemach von den Strapazen der Geburt erholte, traf Marguerite die Vorbereitungen für die Tauffeierlichkeiten. Sie ritt auf einer Welle des Glücks, als Ann am Morgen vor der Taufe mit besorgter Miene ihr Gemach betrat. „Was ist geschehen, Ann?“, rief Msrguerite ihr zu und starrte sie erschrocken an. Ann fasste sie an der Hand und sah ihr tief in die Augen. „Ich komme gerade vom Markt, wo sich wie ein Lauffeuer herumspricht, dass Marie anstatt eines Jungen ein Mädchen zur Welt gebracht habe.“ „Oh Gott, dieses Gerücht kann nur der listreiche Ludwig ausgestreut haben!“ Marguerites Gesicht verhärtete sich und ihre Augen blitzten. “Aber diesmal werde ich ihn vor aller Welt Lügen strafen.“
Der Himmel war in ein zartes Abendrot getaucht, als sich Marguerite mit Philipp in ihren Armen vom Prinzenhof zur Tauffeier begab. Während sie den mit purpurroter Seide ausgeschlagenen Podest bestieg, der hoch über den Boden herausragte, sodass das Volk den Festzug von allen Seiten bestaunen konnte, überlegte sie fieberhaft, ob sie vor oder nach der Taufe, das Gerücht Ludwigs aus der Welt schaffen sollte. Die Prozession bewegte sich langsamen Schrittes zur Kirche Sankt Donat. Die Menge, die sich auf dem Vorplatz des Gotteshauses versammelt hatte, reckte die Köpfe und starrte unverfroren auf den Täufling. In genau diesem Augenblick gab die Herzoginwitwe den Höflingen ein Zeichen, um stehen zu bleiben. Mit gespielter Ruhe begann sie den Säugling zu entkleiden, der sogleich nach Leibeskräften zu schreien anfing. Für einen Moment hielten die Schaulustigen den Atem an. Marguerite hob das Kind hoch und sagte: „ Hiermit stelle ich Euch, Herzog Philipp, den Erben Burgunds vor.“
Als sich ein heftiger Schwall Urin aus seinem kleinen Penis ergoss, fügte sie lächelnd hinzu: „Seht dies als seinen ersten Staatsakt.“ Gelächter aus Tausenden Kehlen erfüllte den Platz, gefolgt von Hochrufen. Mit einem stolzen Lächeln im Gesicht setzte Marguerite den Weg zur Kirche fort.
Der Himmel war in ein zartes Abendrot getaucht, als sich Marguerite mit Philipp in ihren Armen vom Prinzenhof zur Tauffeier begab. Während sie den mit purpurroter Seide ausgeschlagenen Podest bestieg, der hoch über den Boden herausragte, sodass das Volk den Festzug von allen Seiten bestaunen konnte, überlegte sie fieberhaft, ob sie vor oder nach der Taufe, das Gerücht Ludwigs aus der Welt schaffen sollte. Die Prozession bewegte sich langsamen Schrittes zur Kirche Sankt Donat. Die Menge, die sich auf dem Vorplatz des Gotteshauses versammelt hatte, reckte die Köpfe und starrte unverfroren auf den Täufling. In genau diesem Augenblick gab die Herzoginwitwe den Höflingen ein Zeichen, um stehen zu bleiben. Mit gespielter Ruhe begann sie den Säugling zu entkleiden, der sogleich nach Leibeskräften zu schreien anfing. Für einen Moment hielten die Schaulustigen den Atem an. Marguerite hob das Kind hoch und sagte: „ Hiermit stelle ich Euch, Herzog Philipp, den Erben Burgunds vor.“
Als sich ein heftiger Schwall Urin aus seinem kleinen Penis ergoss, fügte sie lächelnd hinzu: „Seht dies als seinen ersten Staatsakt.“ Gelächter aus Tausenden Kehlen erfüllte den Platz, gefolgt von Hochrufen. Mit einem stolzen Lächeln im Gesicht setzte Marguerite den Weg zur Kirche fort.