Louise von Savoyen: Von der Zofe zur Regentin
Der Januar des Jahres 1488 war gerade eine Woche alt, als Louise von Savoyen in ihrem Gemach in der Burg von Cognac aus dem Fenster starrte. Dunkle Wolken hingen am Winterhimmel und die Welt schien ihr so öde und leer wie der Himmel ohne Sterne.
Gedanken und Gesichter purzelten in ihrem Kopf durcheinander. Anne von Beaujeu, ihre Tante, hatte sie zwar als Halbwaise an ihrem Hof von Amboise aufgenommen, aber man wies ihr nur die Rolle einer Zofe dieser verzogenen Margarete, der zukünftigen Königin Frankreichs, zu. Das stechende Gefühl des Neides nagte wieder an ihr. Sie krallte die Finger ineinander,während ihre Gedanken unweigerlich zu Anne de Beaujeu zurückkehrten. Einmal ihm Jahr, zu Weihnachten, gab die sparsame Anne ihr „neue“ Kleider, die die Hofdamen nicht mehr tragen wollten.
Gedanken und Gesichter purzelten in ihrem Kopf durcheinander. Anne von Beaujeu, ihre Tante, hatte sie zwar als Halbwaise an ihrem Hof von Amboise aufgenommen, aber man wies ihr nur die Rolle einer Zofe dieser verzogenen Margarete, der zukünftigen Königin Frankreichs, zu. Das stechende Gefühl des Neides nagte wieder an ihr. Sie krallte die Finger ineinander,während ihre Gedanken unweigerlich zu Anne de Beaujeu zurückkehrten. Einmal ihm Jahr, zu Weihnachten, gab die sparsame Anne ihr „neue“ Kleider, die die Hofdamen nicht mehr tragen wollten.
Aber es kam noch schlimmer! Im Jahr 1487 war sie elf Jahre alt, als Anne sie eines Tages zu sich rief. Der Ton ihrer Tante war samtig weich: „Mit viel Mühe habe ich einen Gatten für dich gefunden. Karl von Orléans, Graf von Angoulême hat sich bereit erklärt, dich in einem Jahr zu ehelichen. In einigen Tagen werden wir deine Verlobung feiern.“ Diese Nachricht traf Louise wie ein Faustschlag. Ihre Tante verkuppelte sie mit einem zwanzig Jahre älteren Mann, der sich gegen sie aufgelehnt hatte und an dem sie sich nun rächte. Eine schwarze Welle schlug über Louise zusammen, aber sie wollte ihre Würde bewahren, um Anne zu zeigen, dass sie ihr ebenbürtig war.
Anne de Beaujeu prüfte eine Weile Louises Gesicht, das regungslos blieb.“ Freust du dich denn gar nicht?“ Und mit einem Lächeln das so falsch war wie die Reliquien auf ihrem Hausaltar, fügte sie hinzu: „Der Graf von Angoulême - was auch immer über seine losen Sitten geflüstert wird - ist ein Angehöriger unseres Hochadels. Was kann sich die Tochter des nichtigen Grafen von Bresse noch mehr wünschen!“
Seit einem Jahr verweilte sie nun am Hof von Cognac, wo ihr Gatte vor ihren Augen ein lustiges Leben mit seiner Mätresse führte. Der Geschmack von Galle stieg ihr in den Mund. Im nächsten Jahr sollte Karl die Ehe mit ihr vollziehen. Furcht vor der Zukunft kroch in ihr hoch. War sie nicht zu etwas Höherem bestimmt? Ja, sie musste den Eremiten mit dem Zweiten Gesicht aufsuchen! Vielleicht konnte er sie aus ihrer Verzweiflung retten?
Seit einem Jahr verweilte sie nun am Hof von Cognac, wo ihr Gatte vor ihren Augen ein lustiges Leben mit seiner Mätresse führte. Der Geschmack von Galle stieg ihr in den Mund. Im nächsten Jahr sollte Karl die Ehe mit ihr vollziehen. Furcht vor der Zukunft kroch in ihr hoch. War sie nicht zu etwas Höherem bestimmt? Ja, sie musste den Eremiten mit dem Zweiten Gesicht aufsuchen! Vielleicht konnte er sie aus ihrer Verzweiflung retten?
Die Weissagung des Franz von Paula
Louise pilgerte nach Plessis-lès-Tours. Beim Betreten der bescheidenen Kapelle trat ein gebückt gehender Greis mit durchdringenden Augen auf sie zu. Er begrüβte sie und sie nahmen Platz auf einer hölzernen Bank vor dem Altar. „Ich danke Euch für Euer Schreiben!“, sagte er, während er das Kinn in die Hand stützte. “Nun zu Eurem Anliegen!“
Nervös knetete Louise ihre Hände und wartete, was er ihr zu sagen hatte.
Franz von Paula´s helle Augen sahen sie aufmuntend an. „Nach einem Tag des Gebets hat mir Gott im Traum das gleiβende Band der Gestirne gezeigt, wo er die Lebensbahn der Menschen vorzeichnet. Ich habe durch die von Sternen übersäten Himmelssphären geschwebt, als ein Komet, wie ein geheimnisvolles Versprechen über unsere Erde zog und die Krönungskirche in Reims mit einem Lichterglanz umgab.“ Ein gespanntes Schweigen erfüllte den Raum.
„ Als das Blinken und Funkeln abebbten, sah ich die Initialen „L.v.S.“ auf der Kathedrale aufblitzen.“
Louise schlug die Hände vor dem Mund und starrte den Mönch mit aufgerissenen Augen an. Franz von Paula berührte sanft ihre Hand. „Diese Himmelszeichen besagen, Madame, dass Ihr einen Sohn gebären werdet, der eines Tages König von Frankreich sein wird und Ihr eine bedeutende Rolle in seiner Herrschaft einnehmen werdet.“
Ein Strahlen stahl sich auf Louises Gesicht. Glückswellen erfassten sie und lieβen sie schweben, hinabsinken und wieder hochschwingen.
Franz von Paula betrachtete sie aus den Augenwinkeln und räusperte sich. „Das Flimmern Eurer Initialen weist jedoch darauf hin, dass die Klippen des Lebens manchmal sehr steil für Euch sein werden. Hütet Euch vor Heuchelei und Hochmut!“
Diese zusätzliche Weissagung konnte jedoch Louises Freude nicht trüben. Es war als ob ihre Seele in einem Zuhause angelangt war, wie sie es sich immer gewünscht hatte. Sie bedankte sich bei Franz von Paula und kehrte beschwingt nach Cognac zurück.
Das Jahr des Triumphs
Man schrieb den Januar 1515, als Marguerite von Alençon, Louises Tochter, mit der Gewalt eines Wintersturms in das Gemach ihrer Mutter rauschte. Marguerite‘s Stimme überschlug sich vor Aufregung:
" Mama, Franz ist König!“ Sie sprühte nur so vor Glück als sie Louise in die Arme fiel. Ein Hochgefühl breitete sich auch in Louise aus. Einen Moment stand sie still mit geschlossenen Augen da und horchte in sich hinein. „Wenn es nur wahr ist!“, flüsterte sie.
Mama, hier ist Franz´ Schreiben. Louise zitterte am ganzen Körper als sie zu lesen begann: „Meine Lieben, vor zwei Tagen ist Ludwig XII. in Paris entschlafen. Seine junge Gattin, Maria, hatte mich sogleich aufgesucht und mir versichert, dass sie nicht guter Hoffnung sei und wünschte sich nichts sehnlicher, als zu ihrem Geliebten, den Herzog von Suffolk, zurückzukehren. Nun steht unserer Dreieinigkeit niemand mehr im Weg. Frankreich gehört uns !“
Tränen der Freude quollen aus Louises Augen. Die Folter der Untätigkeit und Isolation war nun vorüber. Marguerite ergriff ihre Hand und sie setzten sich auf die gepolsterte Bank neben dem Kamin.
„ Fortuna hat es gut mit uns gemeint! Du bist damals noch ein Kind gewesen, als Karl VIII., der Tölpel, mit seinem Kopf einen Türpfosten gerammt und den Geist aufgegeben hat. Insgeheim hat mich der Kummer seiner Schwester, der Anne de Beaujeu, gefreut, da sie mich gnadenlos geknechtet hatte.“
„Und dann kam Ludwig von Orléans, unser Verwandter, als Ludwig XII. an die Macht. Wie haben wir uns damals Hoffnungen gemacht, dass Franz sein Nachfolger sein würde“, warf Marguerite ein.
Rote Wutfunken tanzten vor Louises Augen. „ Aber Ludwig hat Anne von Bretagne geheiratet, die Witwe Karls, um einen eigenen Nachfolger zu haben. Franz war nur ein Ersatz.“
„Ja, Mama, ich erinnere mich noch, wie wir in Amboise monatelang auf Annes schwellenden Bauch haben schielen müssen, um bei der Niederkunft des künftigen Königs dabei zu sein.“
„Unser Ziel ist damals so unerreichbar gewesen wie die Milchstraβe am Himmel.“ Louise starrte an die vom Kerzenschein erleuchtete Wand. Ihr Missmut schien zu verebben. „Doch ist Annes Rechnung nicht aufgegangen.“ Louise grinste. „Anne hat nur Mädchen zur Welt gebracht. Ihr einziger Junge ist in ihrem Leib verdorrt. Als sie dann noch das Zeitliche gesegnet hat, ist die Angst in mir verflogen.
„ Fortuna hat es gut mit uns gemeint! Du bist damals noch ein Kind gewesen, als Karl VIII., der Tölpel, mit seinem Kopf einen Türpfosten gerammt und den Geist aufgegeben hat. Insgeheim hat mich der Kummer seiner Schwester, der Anne de Beaujeu, gefreut, da sie mich gnadenlos geknechtet hatte.“
„Und dann kam Ludwig von Orléans, unser Verwandter, als Ludwig XII. an die Macht. Wie haben wir uns damals Hoffnungen gemacht, dass Franz sein Nachfolger sein würde“, warf Marguerite ein.
Rote Wutfunken tanzten vor Louises Augen. „ Aber Ludwig hat Anne von Bretagne geheiratet, die Witwe Karls, um einen eigenen Nachfolger zu haben. Franz war nur ein Ersatz.“
„Ja, Mama, ich erinnere mich noch, wie wir in Amboise monatelang auf Annes schwellenden Bauch haben schielen müssen, um bei der Niederkunft des künftigen Königs dabei zu sein.“
„Unser Ziel ist damals so unerreichbar gewesen wie die Milchstraβe am Himmel.“ Louise starrte an die vom Kerzenschein erleuchtete Wand. Ihr Missmut schien zu verebben. „Doch ist Annes Rechnung nicht aufgegangen.“ Louise grinste. „Anne hat nur Mädchen zur Welt gebracht. Ihr einziger Junge ist in ihrem Leib verdorrt. Als sie dann noch das Zeitliche gesegnet hat, ist die Angst in mir verflogen.
Die Hochzeit deines stattlichen Bruders mit des Königs hinkender Tochter habe ich einfach hingenommen. Franz pflückt sich doch die verlockendsten Blümchen im ganzen Reich!“ Sie warf Marguerite ein zweideutiges Lächeln zu.
„Ich weiss, Mama, mein Bruder ist kein Tugendbold!“, Marguerite lachte schallend.
Louise wurde wieder ernst. „Aber dann schlug das Rad der Fortuna nochmals um. Ohne Vorwarnung nahm der alte König die blutjunge Maria von England zur Frau. Sollte sie ihm einen Sohn schenken, würden wir vor den Trümmern unserer Träume stehen.“ Ein spöttisch, triumphierendes Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. „Aber nun ist dieses Hindernis aus dem Weg geräumt. Frankreich gehört uns!“
„Werden wir nun endlich in Palästen voll Kunstwerken leben und auf goldenen Tellern speisen, begleitet von höfischer Musik?
„Gewiss, mein Kind! Deine Finger werden von Diamanten funkeln und du wirst nur die allerfeinste Kleidung tragen. Poeten werden deine Schönheit rühmen und deine Bibliothek sollen kostbare Bücher schmücken.“
Das Leuchten in Maguerites Augen wurde zum Strahlen.
„Ich werde Franz die lästige Regierungsarbeit abnehmen, da ich verstehe, wie man Wogen glättet und Krisen kittet. Unser strahlender König soll das Volk in seinen Bann ziehen, dessen Gehorsam wir bitter nötig haben. ... Nun lass uns packen, wir müssen zu Franz!“ Die Vorfreude auf die Krönung blitzte Louise aus den Augen und trieb ihr ein stolzes Lächeln ins Gesicht.
„Ich weiss, Mama, mein Bruder ist kein Tugendbold!“, Marguerite lachte schallend.
Louise wurde wieder ernst. „Aber dann schlug das Rad der Fortuna nochmals um. Ohne Vorwarnung nahm der alte König die blutjunge Maria von England zur Frau. Sollte sie ihm einen Sohn schenken, würden wir vor den Trümmern unserer Träume stehen.“ Ein spöttisch, triumphierendes Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. „Aber nun ist dieses Hindernis aus dem Weg geräumt. Frankreich gehört uns!“
„Werden wir nun endlich in Palästen voll Kunstwerken leben und auf goldenen Tellern speisen, begleitet von höfischer Musik?
„Gewiss, mein Kind! Deine Finger werden von Diamanten funkeln und du wirst nur die allerfeinste Kleidung tragen. Poeten werden deine Schönheit rühmen und deine Bibliothek sollen kostbare Bücher schmücken.“
Das Leuchten in Maguerites Augen wurde zum Strahlen.
„Ich werde Franz die lästige Regierungsarbeit abnehmen, da ich verstehe, wie man Wogen glättet und Krisen kittet. Unser strahlender König soll das Volk in seinen Bann ziehen, dessen Gehorsam wir bitter nötig haben. ... Nun lass uns packen, wir müssen zu Franz!“ Die Vorfreude auf die Krönung blitzte Louise aus den Augen und trieb ihr ein stolzes Lächeln ins Gesicht.